Die haben sich was getraut, die Herren Kapitäne: Blutrot leuchten die Wände. Gut sichtbar hängt eines der größten Bilder, das sich in Edinburgh auftreiben ließ, und zeigt niemanden geringeren als den berühmten portugiesischen Seefahrer Vasco da Gama. Der Esstisch in der Mitte des Raumes ist so lang, dass man darauf Rollschuh laufen könnte. Wenn nur Platz dafür wäre. Denn der Tisch ist bis auf den letzten Millimeter gefüllt mit nautischem Gerät, Schiffsglocken, Sturmlichtern und den Skeletten von Schwertfischen. „Insgesamt 1500 Objekte“, sagt Rachael Dickson von der Denkmalschutzbehörde Historic Scotland nicht ohne Stolz. Willkommen in Trinity House, dem wohl bestversteckten Museum der Stadt Edinburgh.
Trinity House war so etwas wie die Kommandozentrale des Hafens von Edinburgh, Leith. Hier trafen sich Kaufleute und Schiffseigner um zu handeln, die neuesten Nachrichten zu hören und vor allem um zu beraten, wie ihre Gilde noch einflussreicher werden könnte. Selbstbewusst waren sie, die Seefahrer von Leith. Ihr Hafen vor den Toren Edinburghs war Jahrhunderte lang der wichtigste in ganz Schottland. Von hier aus betrieben die Schotten Handel mit den Hansestädten an der Ostsee. Walfänger und Expeditionsschiffe stachen in See. Als Mary Queen of Scots nach dem französischen Exil in ihre Heimat zurückkehrte, ging sie in Leith von Bord.
Heute ist Trinitiy House ein Museum und liegt etwas abseits der üblichen Touristenpfade am Ende einer Fußgängerzone. Das Haus stammt von 1816 und ist voller Erinnerungsstücke aus der Zeit, als es hieß: „Britannia rules the Waves“.
Die Anfänge von Trinity House reichen bis ins 14. Jahrhundert zurück. Damals bauten die Kaufleute und Schiffseigner ein Kranken- und Armenhaus für Seeleute und ihre Familien. Zunächst bezahlten sie die Einrichtung aus eigener Tasche, doch dann erhielten sie die Erlaubnis, von allen Schiffen, die in Leith vor Anker gingen, eine Abgabe zu fordern. Das brachte viel Geld und damit finanzierten sie das Haus, das heutzutage in Leith zu sehen ist.
Trinity House hat seinen wohltätigen Zweck bis heute bewahrt. Die Gilde verwaltet noch immer Geld für pensionierte Seeleute, wenngleich die Pensionskasse seit 2005 für Neumitglieder geschlossen ist. Doch allein der Umstand, das die Gilde nach 200 Jahren noch immer im grün getünchten „Master Room“ zu Arbeitssitzungen zusammenkommt, gibt den Besuchern das Gefühl, eine fast verloren gegangene Zeit gerade noch am Rockzipfel zu erwischen und erleben zu können.
Auf dem Kamin des Master Room steht übrigens ein aus Walrosszahn geschnitzter Pinguin. Er steht für eine besondere Fußnote in der Geschichte des Hauses, erklärt Rachael Dickson: “Die Walfänger aus Leith brachten die ersten sechs Pinguine nach Edinburgh.” Im Jahr 1919 wurden im Zoo von Edinburgh die ersten Königspinguine weltweit gezüchtet.
Zu sehen sind auch die Tickets, die verkauft wurden, als im Jahr 1822 mit George IV zum ersten Mal nach fast 200 Jahren wieder ein britischer Könnig nach Schottland kam. “Dieses Schauspiel wollten sich die Bürger von Leith natürlich nicht entgehen lassen”, sagt Dickson. Auf der Rückseite der Tickets ist vermerkt, dass der Ticketbesitzer nicht nur einen Sitzplatz, sondern auch eine Flasche (!) Sherry bekommt. Man stelle sich vor: Da kommt der König und alle sitzen betrunken auf der Tribüne.
BELL
Auf der Glocke heißt es: „Lord Aberdour/1866 – 1900.“
Sie klang auf dem gleichnamigen Dampfer, der als Passagierschiff auf dem Firth of Forth unterwegs war.
BIG RED ROOM
Auf dem langen Mahagonie Tisch im Convening Room liegen u.a. Ferngläser, Harpunenspitzen und die Skeletten von Schwertfischen.
STAIRCASE
Hier geht es in den ersten Stock: Der schöne Treppenaufgang von Trinity House.
GREEN ROOM
Im „Master Room“ im Erdgeschoss treffen sich regelmäßig die wenigen verbliebenen Mitglieder der Gilde samt ihrem Gildemeister, Kapitän Magnus Polson. Die Gilde macht Pensionszahlungen und das Geld muss ordentlich verwaltet werden.
SAWfish
Zwei Skelette von Schwertfischen sind in Trinty House ausgestellt, ebenso wie die Knochen von Narwalen.
KOMPASS
Jede Menge nautisches Gerät ist in Trinity House zu sehen
BOWEL
Die Seeleute brachten von ihren Reise Andenken mit, die ebenfalls Teil der Ausstellung sind.
PENGUINE
Walfänger brachten Anfang des 20. Jahrhunderts die ersten Pinguine nach Edinburgh. Daraufhin wurden im Zoo in Edinburgh die ersten Kaiserpinguine weltweit gezüchtet.
WAS SIE WISSEN SOLLTEN
Das Museum befindet sich in 99 Kirkgate, Leith. Der Eintritt ist frei, aber man freut sich über eine Spende. Trinity House wird nur auf Anfrage von Montag bis Freitag geöffnet. Die Telefonnummer ist 00 44 131 554 3289. www.trinityhouseleith.org.uk
Das jetzige Gebäude stammt von 1816. Der Keller ist älter. Er ist heute noch zugänglich und wurde einst als Klassenzimmer für den Unterricht in Mathe und seemännischen Kenntnissen genutzt.