Gute Aussichten

Wild Camping in Schottland ist kein Problem. Wer die schöne schottische Landschaft genießen will, sollte dennoch ein paar Regeln kennen.
17. Dezember 2024
Lesezeit: 10 Minute(n)

Um es gleich vorweg zu sagen: In Schottland ist vieles erlaubt. Zumindest, wenn es ums Zelten geht. Seit 2003 gibt es ein Gesetz, dass das Campen außerhalb von Campingplätzen mitten in der wilden Natur ausdrücklich genehmigt. Wildes Camping bedeutet laut diesem Gesetz kurz gesagt, dass eine kleine Gruppe von Campern die Zelte für nicht mehr als zwei oder drei Tage an einer einsamen Stelle aufbaut und den Platz hinterher genauso unberührt und frei von Müll hinterlässt, wie sie ihn vorgefunden hat.

Regeln für Camping, Segeln oder Reiten

Die Schotten wollen möglichst vielen Menschen den Zugang zur Natur erleichtern und das mit einigem Erfolg: Millionen Wanderer sind pro Jahr in Schottland unterwegs. Die alte Regelung, wonach sie die Landeigentümer um Erlaubnis fragen müssen, wenn sie über sein Land gehen oder ihr Zelt aufstellen wollten, wurde abgeschafft. Die Neuregelung mit dem etwas sperrigen Namen „Land Reform Act 2003“ gilt ebenso für das Segeln, Kayak fahren oder Reiten sowie andere Formen der Freizeitgestaltung.

Allerdings gibt es einige Ausnahmen. Die so genannten access rights gelten beispielsweise nicht für private Häuser, Gärten oder Farmen sowie auf bestellten Feldern. Wer querfeldein unterwegs ist und dabei einem Bauern auf dessen Feld das Korn niedertrampelt, kann sich dabei nicht auf das „access right“ berufen. Ganz anders sieht die Sache für Wanderer aus, die sich am Feldrand entlang bewegen. Wanderer dürfen auch Golfplätze überqueren, solange sie die Golfspieler nicht stören.

Einige Ausnahmen berücksichtigen

Eine echte Ausnahme gilt für das Wildzelten am Loch Lomond. Es ist sehr eingeschränkt. Dafür gibt es viele schöne Campingplätze: http://www.lochlomond-trossachs.org/visiting/camping/menu-id-335.html

Wer in der konkreten Situation unsicher ist, ob er sich gerade richtig verhält, dem helfen vielleicht ein paar allgemeine Leitlinien: Es geht immer darum, mit leichtem Gepäck zu reisen und keinen Unrat zu hinterlassen, um die Folgen für die Natur möglichst gering zu halten. Außerdem sollte sich niemand anderes von der eigenen Freizeitgestaltung gestört fühlen.

Wer mit dem Auto durch Schottland fährt und abends an den Straßenrand fährt, um sein Zelt aufzuschlagen, campt im Sinne des Gesetzes nicht wild. Trotzdem ist dieses „informal camping“ grundsätzlich erlaubt. Wer in der Nähe eines Hauses parkt, sollte trotzdem lieber fragen. Oft wird der Grund und Boden entlang einer Straße wirtschaftlich genutzt und in diesem Fall sollten sich Urlauber lieber eine andere Stelle zum Übernachten suchen. Die „access rights“ gelten hier nicht.

Andere Regeln gelten für Campervans

Generell sind die Schotten bei Autos, Campervans oder Motorrädern in Sachen Wild Camping nicht so großzügig. Es herrscht die Sorge, dass Wohnwagen und Campervans in großer Zahl an den schönsten Aussichtspunkten oder Stränden geparkt werden und sie damit nicht nur der Natur Schaden zufügen, sondern auch andere Gäste stören. Daher können sich Auto- und Motorradfahrer nicht auf die gleichen großzügigen Camping-Regeln berufen wie Wanderer oder Reiter.

Das heißt aber nicht, dass motorisierte Reisende weniger von Schottlands Natur zu sehen kriegen, betont Rob Garner vom Naturschutzamt Scottish Natural Heritage: „Campervans und Wohnwagen bieten großartige Möglichkeiten, den Schottlandurlaub zu genießen.“ Zum einen gibt es sehr schöne Campingplätze. Zum anderen können auch Wohnwagenbesitzer wild campen – wenn sie ein paar Extra-Spielregeln beachten.

Grundsätzlich dürfen Wohnwagen oder Motorräder rund 14 Meter (15 yards) von der Straße entfernt parken, ohne dabei gegen Gesetze zu verstoßen. Das bedeutet aber nicht, dass Motorradfahrer auch das Recht haben, dort Halt zu machen, wenn der Landeigentümer das nicht will. Theoretisch kommt es also immer darauf an, sich mit den Einheimischen zu verständigen und ihr Okay einzuholen.

In der Praxis allerdings funktioniert das „Wild Camping“ auch mit einem fahrbaren Untersatz meist reibungslos, heißt es bei der Campervan-Vereinigung Campa: „Es gibt reichlich Gelegenheiten.“ Dass es zu den schönsten Stellen für „wilde“ Wohnwagenstellplätze trotzdem keine offiziellen Informationen gibt, ist durchaus beabsichtigt: „Das würde sonst zu viele Leute anlocken und die Natur schnell ruinieren“, heißt es auf der Campa-Website. So bleibt es dem Entdeckerglück überlassen, besonders schöne Fleckchen aufzuspüren.

Auch wenn die meisten Schotten sehr gelassen reagieren, heißt es Augen auf:

An manchen Stellen weisen Schilder der lokalen Behörden ausdrücklich darauf hin, dass das Übernacht-Parken verboten ist. Für die Insel Tiree (www.isleoftiree.com) sowie Calgary Bay auf der Insel Mull (www.isle-of-mull.net/accommodation/wild-camping) gelten eigene, strenge Regeln, die das Wild Camping mit motorisiertem Untersatz verbieten oder stark einschränken.

Was Sie wissen sollten

Eine gute Übersicht über die „access rights“ gibt es im „Scottish Outdoor Access Code (www.outdooraccess-scotland.com).

Allgemeine Infos für Urlaube mit dem Wohnwagen oder dem Wohnmobil sowie Campingplätze stehen bei: www.scottishcamping.com.

Für die richtige Wahl des Campingplatzes gibt es in Schottland nur ein Kriterium: Die Lage. Wir stellen Ihnen einige besonders schön gelegene Campinganlagen vor.

Es ist nicht ganz leicht, allgemein gültige Tipps für das Camping in Schottland zu geben. Das liegt daran, dass die Erwartungshaltung und die Wirklichkeit oft miteinander kollidieren. Im positiven wie im negativen Sinn. Camping in Schottland, das kann bedeuten, dass man einen Zeltplatz in erster Reihe am Strand bekommt, die Sonne scheint und dass man abends mit dem Zeltnachbarn bei einem Glas Whisky um ein Feuer sitzt und Pläne für den nächsten Tag schmiedet. Wenn man Pech hat, regnet es, der Campingkocher funktioniert nicht, und die kleinen landestypischen Stechfliegen haben noch kein Abendbrot gehabt und tun sich zu Tausenden an den nackten Beinen der Camper gütlich.

Die Zahl der zur Verfügung stehenden Campingplätze ist sehr groß und dem entsprechend vielfältig ist auch das Angebot. Kurz gesagt: Es gibt Campingplätze und Plätze zum Campen. Letzteres kann ein Strand sein oder eine ehemalige Schafweide, auf der mit geringem Aufwand Duschen und Toilettenhäuschen errichtet wurden.

Das bedeutet, dass Sie sich nicht darauf verlassen sollten, dass es einen Laden auf dem Campingplatz gibt, in dem man noch Kleinigkeiten nachkaufen kann. Sie sollten daher ausreichend Verpflegung dabei haben. (Und einen funktionierenden Campingkocher.) Trinkwasser dagegen ist in der Regel kein Problem. Das Wasser in Schottland ist generell sehr gut. Unbedingt zu empfehlen ist Mückenschutz gegen die kleinen Stechfliegen (Midges). Sie scheinen an windstillen, warmen Tagen besonders hungrig zu sein. Wenn Sie von den Midges geplagt werden, fahren Sie an die Küste. Wind mögen die Midges nicht so gerne.

Sicher ist, dass Campingplätze in Schottland nach anderen Kriterien bewertet werden als in anderen Ländern. Die sonst üblichen Kategorien wie die Sauberkeit der Waschbecken oder die Zahl der Duschkabinen sagt nichts oder zumindest nicht alles über die wahre Qualität eines Campingplatzes in Schottland aus. Hier zählt nur eins: Lage, Lage Lage. Und da es nur in einer schönen Umgebung richtig Spaß macht, abends noch ein wenig draußen vor dem Zelt zu sitzen oder zum Frühstück einen Becher heißen Tee in den Händen zu halten, war für die folgende Auswahl ein Kriterium entscheidend:

Der Blick.

Kintra Farm, Insel Islay

www.kintrafarm.co.uk

Der Campingplatz von Kintra liegt in den Dünen der Insel Islay. Im Sommer wird es erst gegen 23 Uhr dunkel, und die Sonnenuntergänge sind spektakulär. Die sanitären Anlagen sind einfach und je nach Stellplatz nicht ganz nah, doch wen kümmert das, wenn am Strand ein Lagerfeuer brennt und eine Flasche Islay-Whisky kreist. Kein Elektro-Anschluss für Wohnmobile.

Glenmore, Aviemore

www.campingintheforest.co.uk

Wer die baumlosen Gipfel der Highlands gewohnt ist, für den ist Glenmore eine Überraschung. Der Campingplatz befindet sich in einem Kiefernwald. Er liegt fußläufig zum Ufer des Loch Morlich. Glenmore ist gut ausgestattet. Es gibt zahlreiche Sport- und Wassersportmöglichkeiten in der Umgebung. Shop und Frühstückscafé sind in der Nähe, so dass man sich getrost in den Sandstrand am Ufer setzen und die Seele baumeln lassen kann. Auf der anderen Seite des Sees sind die Kiefernwälder des Cairngorms zu sehen, des größten Nationalparks in Großbritannien.

Fidden Farm, Insel Mull

www.scottishcamping.com

Wären da nicht die Zelte, könnte man Fidden Farm auf den ersten Blick für eine Schafwiese und ein weiteres Stück unberührter Küste im Südwesten der Insel Mull halten. Toller Blick über´s Meer. Fidden liegt zwar abgelegen, aber strategisch günstig: Der Hafen Fionnphort mit dem Fähranleger zur Insel Iona und dem berühmten Kloster auf Iona ist nur rund 2 Km entfernt.

Sands Caravan and Camping Park, Gairloch (Wester Ross)

www.scottishcamping.com

Nur einen Steinwurf ist der Strand vom Sands Caravan and Camping Park entfernt. Wer mag, kann sein Zelt in den Sanddünen zwischen dem Strand und dem Campingplatz aufschlagen. Mit dem Baden ist es aber so eine Sache: Das Wasser des Atlantik ist auch im Sommer empfindlich kalt. Der Campingplatz bietet reichlich Platz für Zelte und Wohnwagen. Machen Sie Ihr Zelt gut fest. Es kann ganz schön windig sein. Dafür gibt es einen einmaligen Blick auf die Insel Skye und die Äußeren Hebriden.

Drumroamin Camping&Caravan, Newton Stewart (Südschottland)

www.drumroamin.co.uk

Auf diesem Campingplatz sollten Sie nicht nach rechts und links gucken, sondern nach oben! Der Nachthimmel über Drumroamin ist einer der dunkelsten in Europa. Kein künstliches Licht stört den Blick auf die Milchstraße. In der Nähe befindet sich auch der Galloway Forest Park mit seinem „Dark Sky Park“ zum Sterne gucken.

Drumroamin ist gut ausgestattet und die Stellfläche wurde trocken gelegt, um die schottischen Stechmücken fern zu halten. Familienfreundlich.

Invercoe Caravan & Camping, Glencoe

www.invercoe.co.uk

Invercoe hat einen tollen Panoramablick über Loch Leven und die Berggipfel der Highlands. Wohnwagen, Zelte und Wohnmobile finden hier einen Stellplatz. Invercoe bietet außerdem Cottages und Ferienhäuser. Zahlreiche Freizeit- und Sportmöglichkeiten wie Wandern, Reiten und Paddeln. Gut ausgestattet. Familienfreundlich.  Glencoe ist  ein besonders malerisches und geschichtsträchtiges Tal in den Highlands. Der Name Glencoe erinnert an das Massaker am Clan MacDonald im Jahr 1692, das bis heute in Schottland unvergessen ist.

Blair Castle Caravan Park, Pitlochry

www.blaircastlecaravanpark.co.uk

Hier gucken Besucher zur Abwechslung mal nicht auf Berge und Strände, sondern auf eines der schönsten Schlösser Schottlands. Der Campingplatz befindet sich auf dem Gelände von Blair Castle. Blair ist das 700 Jahre alte Schloss der Dukes und Earls of Atholl. Er liegt verkehrsgünstig nahe der A9 und bietet eine gute Ausgangslage für Touren in den Cairngorms Nationalpark sowie zu den Städten Dunkeld oder Pitlochry. Zahlreiche Freizeitmöglichkeiten für

Mountainbiker, Wanderer und Angler. Auf dem Gelände befinden sich auch Ferienhäuser und Cottages für Gruppen mit bis zu 20 Personen. Familienfreundlich.

Cashel Campsite am Loch Lomond

www.campingintheforest.co.uk

Auf dem Campingplatz Cashel kann man vom Zelt aus direkt in den Loch Lomond springen oder eine Kanutour unternehmen. Cashel liegt  am östlichen Ufer des bekannten Sees. Schöner Panoramablick aufs Wasser. Der Fernwanderweg West Highland Way führt am Eingang vorbei, so dass Wanderer hier abends ihre Füße verarzten können. Außerdem zahlreiche Wandermöglichkeiten im Trossachs Nationalpark und auf den 974 Meter hohen Berg Ben Lomond. Familienfreundlich.