Das Beltane-Fest auf dem Calton Hill in Edinburgh: Keltische Traditionen

Das Beltane-Fest auf dem Calton Hill hat sich neu erfunden, bleibt aber seinen keltischen Traditionen treu: Auf einem erloschenen Vulkanhügel in der Innenstadt von Edinburgh wird an tausende Jahre alte Rituale erinnert
19. Dezember 2024
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Das rhythmischen Schlagen der Trommeln verkündet das Ende der langen Nächte. Am National Monument auf dem Calton Hill setzt sich ein Fackelzug in Bewegung und führt im Uhrzeigersinn einmal um den Hügel herum.

In der Nacht auf den 1. Mai, wenn sich andernorts die Hexen zur Walpurgisnacht versammeln, zeigt sich in Edinburgh die Maikönigin ihrer Anhängerschar. Lagerfeuer werden entzündet; sie brennen hell bis zum Morgengrauen. Das Feuerfest Beltane in der schottischen Hauptstadt ist europaweit wohl das größte seiner Art.

Das Ende des dunklen Winters und das Wiedererwachen der Natur wird in Irland, Schottland und der Isle of Man seit der Eisenzeit gefeiert. Der Name „Beltane“ stammt aus dem Gälischen und bedeutet, je nach Auslegung, „Feuer des Bel“, nach einem keltischen Gott, beziehungsweise „helles Feuer“.

Das Beltane-Fest auf dem Calton Hill entspricht den 1. Mai-Feiern

Beltane steht in einer langen, europäischen Tradition. So wird andernorts am 1. Mai die Maikönigin gekrönt, es wird um den Maibaum getanzt und bunte Bänder flattern im Frühlingswind. Zu den Beltane-Traditionen in Großbritannien gehörte außerdem das Löschen des Herdfeuers und das Anzünden eines neuen, gemeinschaftlichen Lagerfeuers, das sich in der Regel auf einem nahe gelegenen Hügel befand. Damit wurden anschließend die Herdfeuer wieder angefacht, als Symbol des Zusammenhalts innerhalb der Gemeinschaft.

Im 19. Jahrhundert verloren diese Rituale allerdings an Bedeutung. Während der industriellen Revolution zogen viele Menschen in die großen Städte. In der Folge gerieten althergebrachte  Traditionen in Vergessenheit. So fand das letzte Beltane-Fest in Schottland im Jahr 1820 im Dorf Helmsdale an der Ostküste statt. Zu diesem Zeitpunkt waren die Feuer auf Arthurs´s Seat, dem ursprünglichen Beltane-Ort in Edinburgh, längst verloschen.

Doch im Jahr 1988 folgte das Revival. In Edinburgh wurde dazu eigens eine Beltane Society gegründet. Zunächst ging es den Teilnehmern nur darum, ein Gemeinschaftsgefühl zu schaffen und den Einklang mit der Natur zu erleben. Daraus ist inzwischen eine Großveranstaltung mit rund 300 Darstellern und sage und schreibe bis zu zwölftausend Zuschauern geworden.

Die Grenzen zwischen Darstellern und Zuschauern verschwimmen

Es gibt keine Bühne, die Schau ist so angelegt, dass sich die Grenzen zwischen Darstellern und Zuschauern vermischen. Ganz bewusst wird darauf verzichtet, alte keltische Rituale originalgetreu nachzustellen. Das Beltane in Edinburgh hat eine moderne Choreographie.

Das gilt auch für das zweite Fest, das die Beltane Society ausrichtet. Dabei handelt es sich um das Samhuinn, beziehungweise Samhain, das „keltische Halloween“. Am Abend des 31. Oktober setzt sich dazu ein Fackelzug in Richtung des Stadtbergs Arthur´s Seat in Bewegung.

Zu Samhain markierten solche Versammlungen und Feste die vermeintlich fließenden Grenzen zwischen der geistigen und der menschlichen Welt; den Lebenden und den Toten. Die Menschen glaubten, dass die Seelen der Verstorbenen zurückkehren würden, um ihre Familien zu besuchen, und dass diejenigen, die in diesem Jahr gestorben waren, in eine andere Welt übertreten würden.

Das Kulturfestival im Sommer markiert den Höhepunkt des kreativen Kalenders in Edinburgh

Ein weiterer Höhepunkt des keltischen Kalenders ist der Beginn der Erntesaison, kurz Lùnastal (Lughnasadh) am 1. August. Es war eine Zeit, in der Geschäfte gemacht und Feste gefeiert wurden. Häufig fanden „Handfastings“ statt, bei denen Paare eine Ehe auf Probe schlossen, bevor sie sich entschieden, sich für immer aneinander zu binden.

Heute fällt das Lùnastal mit dem Beginn des Kulturfestivals Edinburgh Fringe und mit dem Edinburgh International Festival zusammen. Es ist der Höhepunkt des kreativen Kalenders in Schottland.

Insgesamt ist die Erinnerung an die keltischen Feste in Schottland lückenhaft, was auf den Einfluss der Kirche zurückzuführen ist, die die heidnischen Ursprünge missbilligte. https://beltane.org/

Der hier veröffentlichte Beitrag ist in Heft 21 erschienen: https://schottland-magazin.de/produkt/schottland-magazin-heft-21/